The following is an English summary of this story, "Zweimal im Jahr muss das Gehalt neu verhandelt werden." After the summary is the full story, written in German for Der Spiegel.
Peso bills as a cheap wallpaper substitute, empty restaurants, and the usual everyday family life sinks into chaos. Argentinian photographer Irina Werning shows the absurd consequences of inflation in her home country.
The horror that is currently afflicting other countries—Irina Werning has known it since her childhood days. Few countries in South America have experienced inflation as frequently as Argentina in recent decades. Economic crises, you could almost say, are as much a part of everyday life here as the four seasons. "Just as the British talk about the weather, we talk about rising prices," the photographer reports.
People are currently beginning to understand what ever-increasing prices mean in their personal everyday lives and for social cohesion, even in the rich center of Europe. Annual inflation in the euro zone was estimated at 9.1 percent in August, a record. In September, it was 10 percent—the next record. In regions like the Baltics, it has long been double that, and even with that, it's still far from what Argentines know, Werning said. "I'm 46 years old, and I've experienced double-digit inflation for 36 years of my life; on average, it was 80 percent a year."
Pesoscheine als billiger Tapetenersatz, leere Restaurants und der gewohnte Familienalltag versinkt im Chaos. Die argentinische Fotografin Irina Werning zeigt die absurden Folgen der Inflation in ihrer Heimat.
Der Schrecken, der andere Länder gerade heimsucht – Irina Werning kennt ihn seit ihren Kindheitstagen. Nur wenige Länder Südamerikas erlebten in den vergangenen Jahrzehnten so häufig Inflation wie Argentinien. Ökonomische Krisen, könnte man fast sagen, gehören hier zum Alltag wie die vier Jahreszeiten. »So wie die Briten übers Wetter reden, spricht man bei uns über den Preisanstieg«, berichtet die Fotografin.
Was immer weiter steigende Preise im persönlichen Alltag und für den gesellschaftlichen Zusammenhalt bedeuten, beginnen die Menschen derzeit auch im reichen Zentrum Europas langsam zu verstehen. Die jährliche Inflation im Euroraum wurde im August auf 9,1 Prozent geschätzt, Rekord. Im September waren es dann 10 Prozent – nächster Rekord. In Regionen wie dem Baltikum liegt sie längst doppelt so hoch, und selbst damit immer noch weit von dem entfernt, was Argentinierinnen und Argentinier kennen, so Werning. »Ich bin 46 Jahre alt und habe 36 Jahre meines Lebens eine zweistellige Inflation erlebt; im Durchschnitt waren es 80 Prozent pro Jahr.«
Eine Zeit lang schien es, als könne die Fotografin das Trauma ihres Landes hinter sich lassen. An der Universität in Buenos Aires studierte sie Wirtschaftswissenschaften, danach ging sie nach London und fand schließlich ihren heutigen Beruf. Mit dem Projekt »Back to the future« erlebte sie ihren Durchbruch. Die Bilder zeigen Menschen, die alte Schnappschüsse Jahrzehnte später originalgetreu noch einmal nachstellen. Die Motive wurden weltweit gezeigt, kopiert und schließlich sogar von der Deutschen Bahn für eine Werbekampagne aufgegriffen.
»Je schutzloser man ist, desto schlimmer trifft es einen.«
Irina Werning
Wernings Bildsprache feiert den Eigensinn, ihre Motive sind bunt und verspielt, dem ersten Anschein nach losgelöst von tagesaktuellen Krisen und Eilmeldungen. Tatsächlich aber, sagt die Fotografin heute, habe sie schon immer Bruchlinien gesucht, Irritationen im Alltäglichen. Vor wenigen Wochen wurde Irina Werning für ihre Arbeit beim »World Press Photo Award« ausgezeichnet.
Inzwischen zurück in Argentinien ist die Inflation längst wieder omnipräsent. Ihren Abschluss als Ökonomin nutze sie jetzt auch beim Einkaufen, sagt Werning, wobei es Menschen mit noch weniger Geld deutlich schlimmer treffe.
Für ihr jüngstes Projekt bat die Fotografin nun ihr eigenes Umfeld, die alltäglichen Folgen der Inflation sichtbar zu machen. Ihre Bilder zeigen hundertfach ausgewechselte Preisschilder neben Familienvätern ohne Auto und panischen Frauen im Supermarkt. Ihren eigenen Mann zeigt Werning oben ohne beim Tapezieren mit Pesos, eine enge Freundin beim Horten von Shampoo.
»So geht es uns mit der Inflation, wir sind verletzlich«, sagt die Fotografin. »Und je schutzloser man ist, desto schlimmer trifft es einen.«
Sehen Sie hier, wie Irina Werning das Leben mit der Inflation in Argentinien darstellt*:
*Die Fotos wurden in Zusammenarbeit mit dem Pulitzer Center produziert.